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Was wollte Russland?

Heiko Gaekel schrieb:

Ist es richtig, dass Russland am 17.12. 2021 an die NATO und USA ihre außenpolitischen Sicherheitsvorstellungen geschickt hat und NATO und USA hierzu keine Verhandlungsbereitschaft gezeigt haben? Wenn ja, waren die in der Anlage übersandten Punkte die Hauptforderungen Russlands? Wenn ja, warum wird dies in den Diskussionen und in den Medien nicht thematisiert, da es doch eindeutig belegt, dass es Russland, aus den Erfahrungen der Geschichte, nur um seine Sicherheit geht und keinesfalls um die Wiederherstellung eines Großrusslands oder ähnlichen Blödsinn der Waffenlieferer?

Antwort Friedensbündnis:

Ja. Am 17. Dezember 2021 liess Russland der NATO und den USA jeweils einen Vertragsentwurf zukommen, der Sicherheitsgarantien für beide Seiten rechtsverbindlich festlegen sollte. – Die Forderungen Russlands scheinen auch aus heutiger Distanz weder absurd noch unerfüllbar:

Was Russland der NATO vorschlug …

  • Beide Seiten sollten bestätigen, sich nicht als Gegner zu betrachten;
  • Rückkehr zu den Prinzipien der „gleichen und unteilbaren Sicherheit“;
  • Verzicht auf die Anwendung und Androhung von Gewalt;
  • Verzicht, Situationen zu schaffen, die eine Seite als Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit ansehen könnte;
  • Zurückhaltung bei militärischen Planungen und Übungen zur Vermeidung von „Dangerous Brinkmanships“ (gefährlichen Zwischenfällen), insbesondere in der Ostseeregion und über dem Schwarzen Meer;
  • Wiederbelebung des NATO-Russland-Rates und anderer bi- und multilateraler Gesprächsformate;
  • Transparenz bei militärischen Übungen und Manövern;
  • Einrichtung von Hotlines für Notfallkontakte (Revitalisierung des „Roten Telefons“);
  • Rückzug der westlichen Streitkräfte und Waffensysteme auf das Niveau vor der ersten NATO-Osterweiterung;
  • Verzicht einer Stationierung landgestützter Kurz- und Mittelstreckenraketen in Gebieten, von denen aus sie das Hoheitsgebiet der anderen Partei angreifen könnten; 
  • keine weitere Ausdehnung der NATO (insbesondere nicht um die, namentlich genannte, Ukraine);
  • Verzicht der NATO auf militärische Aktivitäten auf dem Gebiet der Ukraine, sowie anderer Staaten Osteuropas, des Südkaukasus und Zentralasiens;
  • Einrichtung eines weitgehend entmilitarisierten Korridors zwischen NATO und Russland.

… und was Russland den USA vorschlug

Der an die Seite der USA gerichtete Vertragsentwurf enthielt darüber hinaus folgende Vorschläge:

  • Bekräftigung der Erklärung, dass ein Atomkrieg keinen Sieger haben kann und dass alle Anstrengungen unternommen werden müssen, diese Gefahr abzuwenden;
  • Verzicht auf gegen die andere Seite gerichtete kriegsvorbereitende Massnahmen auf dem Territorium von Drittstaaten; 
  • Verzicht der USA auf die Einrichtung von Militärstützpunkten und eine bilaterale militärische Zusammenarbeit in und mit den Staaten des postsowjetischen Raums, die keine NATO-Mitglieder sind;
  • beidseitiger Verzicht auf die Stationierung von Streitkräften und Waffensystemen ausserhalb ihrer Hoheitsgebiete, die die andere Seite als Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit ansehen könnte;
  • Verzicht auf Flüge schwerer Bomber und die Anwesenheit von Überwasserkampfschiffen in Regionen, von denen aus sie Ziele im Gebiet der anderen Vertragspartei treffen könnten;
  • Verzicht auf die Stationierung von Atomwaffen ausserhalb des eigenen Hoheitsgebietes sowie Rückführung entsprechender Waffensysteme und Zerstörung der entsprechenden Infrastruktur in Drittstaaten;
  • keine Schulungen von Personal im Umgang mit Atomwaffen und keine Militärübungen für deren Einsatz in Ländern, die diese nicht besitzen.

Natürlich steckte, wie immer bei solchen Verträgen, der Teufel im Detail. Die Vorschläge hätten einer intensiven Prüfung durch sicherheitspolitische und diplomatische Experten bedurft. Zudem waren die «Paketforderungen« und der ultimative Ton, in dem die beiden Briefe gehalten waren, sehr undiplomatisch.

Quelle: Leo Ensel (Konfliktforscher aus Oldenburg)  auf https://www.infosperber.ch/medien/ueber-die-netzwelt/das-ignorierte-angebot-russlands-briefe-vom-17-dezember-2021/